Aktuelle Projekte
I. Analyse von Managemententscheidungen als Reaktion auf regulatorische Interventionen in den Pharmamarkt
Frühe Nutzenbewertung nach Arzneimittelneuordnungsgesetz (AMNOG)
Für die pharmazeutische Industrie haben sich mit der Einführung des AMNOGs im Jahr 2011 die Rahmenbedingungen für den Marktzugang patentgeschützter Arzneimittel stark verändert. Hersteller müssen nach Markteintritt beim Gemeinsamen Bundesausschuss ein Dossier einreichen, das den medizinischen Nutzen und Zusatznutzen im Vergleich zur Standardtherapie belegt. Abhängig von dem Ausgang der Nutzenbewertung kann der Hersteller im Anschluss mit dem GKV-Spitzenverband, der zentralen Interessensvertretung der Krankenkassen, in Preisverhandlungen treten oder unterliegt weiterer Regulierung. Projekte in dem Themenfeld umfassen zum Beispiel die Auswirkung von Health Technology Assessments -wie dem AMNOG- auf Marktzugangsverzögerungen (Launch Delay) und auf die Verfügbarkeit von Arzneimitteln, sowie anhand bestehender Nutzenbewertungen Einflussfaktoren für die Bestimmung des Zusatznutzens oder die Höhe des Preisaufschlags auf die zweckmäßige Vergleichstherapie zu identifizieren. Bereits untersucht wurde der Einfluss der AMNOG-Entscheidung auf die Diffusion von Arzneimitteln, sowie Erstattungsentscheidungen im internationalen Vergleich.
Ergebnisse:
Büssgen M, Stargardt T (2022)
Does health technology assessment comprise access to pharmaceuticals? Eur J Health Econ (2022)
Blankart KE, Stargardt T (2020)
The impact of drug quality ratings from health technology assessment on the adoption of new drugs by physicians in Germany, Health Economics, 29(S1): 63-82
Lauenroth V, Stargardt T (2017)
Pharmaceutical Pricing in Germany: How is Value Determined within the Scope of AMNOG?, Value in Health, 20(7):927-935
Fischer KE, Heisser T, Stargardt T (2016)
Health benefit assessment of pharmaceuticals: An international comparison of decisions from Germany, England, Scotland and Australia, Health Policy, 120(10):1115-20
Fischer KE, Stargardt T (2014)
Early Benefit Assessment of Pharmaceuticals in Germany Manufacturer´s expectations versus the Fedreal Joint Committee´s Decision. Med Decis Making. 2014 Nov 1;34(8):1030-47
Finanzierung: grundfinanziert
Ansprechpartner: Melanie Büssgen
Does the centralization of pharmaceutical admission at EMA impact the availability of pharmaceuticals?
Infolge der Verantwortlichkeit für die Zulassung von Covid-19 Impfstoffen innerhalb der EU erlangte die europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency, EMA) zuletzt auch außerhalb pharmazeutischer Fachkreise größere Bekanntheit.
Neben rein nationalen Zulassungsverfahren stehen neuartigen Arzneimitteln im Rahmen der EU-Zulassungsverfahren mehrere Möglichkeiten offen, Qualität, Sicherheit und Effektivität zu demonstrieren. Im sog. dezentralen Verfahren und dem Verfahren der gegenseitigen Anerkennung erfolgt die Prüfung oben genannter Merkmale weiterhin auf nationaler Ebene durch nationale Behörden und eine Zulassung gilt nur für beteiligte Länder. Das zentralisierte Verfahren jedoch gibt die Prüfung durch die EMA selbst vor. Infolgedessen erfolgt eine Zulassung für alle EMA-assoziierten Länder gleichzeitig.
Während Arzneimittelzulassungen durch die EMA in bestehender Literatur häufig mit anderen nichteuropäischen Agenturen wie bspw. der US-amerikanischen FDA verglichen werden, fehlt bisher eine kausale, ökonometrische Analyse der Folgen zentralisierter Arzneimittelzulassung innerhalb Europas. Ziel dieses Projektes ist es daher, unter Zuhilfenahme der EU-Beitritte etlicher (ost-)europäischer Länder, Auswirkungen des zentralisierten Zulassungsverfahrens der EMA auf sowohl die Markteintrittsverzögerung als auch die Anzahl neuartiger Arzneimittel näher zu analysieren.
Finanzierung: grundfinanziert
Ansprechpartner: Fabian Grünwald
II. Gesundheitsökonomische Evaluation und Versorgungsforschung
Versorgung für Menschen mit Rheuma optimieren (VERhO) - Analyse der Deeskalation von Arzneimitteltherapie für Patienten mit rheumatoider Arthritis
Rheumatoide Arthritis ist eine der häufigsten Entzündungserkrankungen der Gelenke in westlichen Ländern. Symptome reichen von Schwellung und Schmerzen bis hin zur dauerhaften Schädigung betroffener Gelenke. Neue Arzneimitteltherapien zeigen diesbezüglich eine hohe Wirksamkeit, jedoch verbunden mit hohen Therapiekosten. Aktuelle Leitlinien der Therapie bei rheumatoider Arthritis empfehlen eine Reduktion der Arzneimitteldosierung sobald die Remission der Krankheitssymptome erreicht wurde, da eine dauerhafte Erhaltung der Remission häufig trotz reduzierter Dosis möglich ist.
Im Rahmen des Projektes erfolgt die Evaluation einer durch die Projektpartner durchgeführten Versorgungsintervention zur Deeskalation von Biologika bei Patienten mit rheumatoider Arthritis um den Einfluss auf die Qualität der Versorgung und das Potenzial für Kostensenkungen zu bestimmen.
Projektpartner: Berufsverband Deutscher Rheumatologen e. V., Universitätsklinikum Erlangen, Techniker Krankenkasse und 13 weitere Krankenkassen
Finanzierung: Innovationsfonds
Ansprechpartner: Benjamin Birkner
Mutterschaftsvorsorge@digital im Team von Anfang an (M@dita) – das innovative Versorgungsprogramm für Schwangere in Schleswig-Holstein
M@dita entwickelt die Versorgung schwangerer Frauen in Schleswig-Holstein weiter – gemeinsam mit den Profis. Hebammen, Frauenärzt*innen und Praxisteams werden bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit unterstützt, unter anderem durch eine speziell entwickelte, digitale Lösung, eine erweiterte Anamnese zur Bedarfs- und Risikoermittlung sowie die systematische Verknüpfung von medizinischen und sozialen Versorgungsstrukturen. Die Schwangeren werden persönlich von einem digital vernetzten Team aus Frauenärzt*in und Hebamme versorgt. Über die M@dita-App bekommen sie Zugriff auf ihren digitalen Mutterpass, individuelle Informationen und vieles mehr.
Das M@dita-Programm zielt darauf ab die Früh- und Mangelgeburtenrate zu senken und den Anteil der vier Monate nach der Geburt voll gestillten Kinder zu erhöhen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Aufbau eines regionalen Netzwerks.
Für die umfangreiche Evaluation wird auf Grundlage von Abrechnungs- und Befragungsdaten analysiert, ob die teilnehmenden Frauen nachweisbar weniger Mangel- und Frühgeburten erleiden und ob sie häufiger Stillen. Zusätzlich erfolgt zu Beginn und am Ende des Projekts eine Befragung der teilnehmenden Hebammen und Frauenärzt*innen. Hierbei sind die Arbeitszufriedenheit sowie die Zufriedenheit mit der interprofessionellen Zusammenarbeit im Rahmen des Programms Schwerpunkte.“
Projektpartner: AOK NORDWEST (Konsortialführer), Techniker Krankenkasse, Hebammenverband Schleswig-Holstein, OptiMedis AG
Finanzierung: Innovationsfonds (Fördernummer: 01NVF18026)
Homepage: madita.online/
Ansprechpartner: Fanny Schmeißner
Assistenzpersonal assoziierte Optimierung der Betreuung von Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen unter einer Biologika-Therapie (CEDBio-Assist)
Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) sind immunologische Störungen, deren Manifestation und Verlauf durch genetische und umweltbedingte Ursachen bestimmt werden. Die Hauptformen von CEDs sind die Erkrankungen Morbus Crohn (MC) und Colitis Ulcerosa (CU). Bisherige Studien zeigen, dass Personen mit einer CED im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung einen erhöhten Bedarf an psychologischer Betreuung aufweisen.
CED Bio-Assist richtet sich an Patienten mit einer CED, die mit Biologika therapiert werden. Bei dieser Patientengruppe handelt es sich zum einen um die schwerer erkrankten Fälle mit oft multiplen Problemfeldern, zum anderen geht die Therapie häufig mit Nebenwirkungen einher und kann deshalb Ängste bei den Patienten auslösen.
Im Rahmen des Projekts wird eine von den Projektpartnern neu eingeführte Form der Patientenbetreuung durch eine speziell auf den Umgang mit Biologika geschulte CED-Fachassistenz evaluiert. Hierbei wird insbesondere der Effekt der CED-Fachassistenz auf die krankheitsspezifische Lebensqualität untersucht.
Projektpartner: Kompetenznetz Darmerkrankungen, Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands e.V, Universität zu Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Fachgesellschaft für Assistenzpersonal Chronisch-Entzündliche Darmerkrankungen, Techniker Krankenkasse, 6 weitere Krankenkassen
Finanzierung: Innovationsfonds
Homepage: kompetenznetz-darmerkrankungen.de/bio-assist
Ansprechpartnerin: Isa Maria Steiner
Maßnahmen zur Erhöhung der Adhärenz als Steuerung des Behandlungserfolgs
Der Behandlungserfolg einer Therapie hängt maßgeblich davon ab, inwiefern der Patient sich an die vorab mit dem Arzt vereinbarten Therapiepläne hält. Zudem gefährdet mangelnde Adhärenz nicht nur den Behandlungserfolg, sondern kann auch hohe Kosten für das Gesundheitssystem verursachen. Ziel des Projekts ist es daher auf Basis von Routinedaten Interventionen zu analysieren, welche die Adhärenz beeinflussen. Dies kann zum Beispiel die Bewertung von Patientenaktivitäten wie die Teilnahme an Managed-Care-Programmen, oder einfache Änderungen im Verabreichungsmodus von Arzneimitteln sein. Außerdem wird berücksichtigt, wie sich die Interventionen auf verschiedene Patientengruppen auswirken, zum Beispiel im Fall von Polypharmazie.
Ergebnisse:
Böhm A, Schneider U, Aberle J, Stargardt T (2021)
Regimen simplification and medication adherence: Fixed-dose versus loose-dose combination therapy for type 2 diabetes, PLOS ONE (online first)
Böhm AK, Jensen ML, Sørensen MR, Stargardt T (2020)
Real-World Evidence of User Engagement With Mobile Health for Diabetes Management: Longitudinal Observational Study, JMIR Mhealth Uhealth, 8(11):e22212.doi:10.2196/22212
Projektpartner: Techniker Krankenkasse
Finanzierung: Europäische Kommission im Rahmen des European Training Networks „Improving Quality of Care in Europe“
Ansprechpartner: Anna-Katharina Böhm
Kosten-Effektivitäts-Analyse der telemedizinischen Betreuung von Patienten mit COPD
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine der häufigsten und teuersten chronischen Erkrankungen der reichen Länder. Ein neuer Ansatz der Behandlung und medizinischen Begleitung von COPD-Patienten basiert auf tele-medizinischen Technologien: Vitalparameter des COPD-Patienten werden (halb-)automatisch an entsprechendes medizinisches Personal übermittelt mit der Absicht, eine Erhöhung der Lebensqualität mit einhergehender Kostenreduktion zu erreichen.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, das Potenzial des telemedizinischen Service für die Versicherten der AOK Bayern zur Kostensenkung und klinischen Outcome-Verbesserung zu evaluieren.
Ergebnisse:
Achelrod D, Schreyögg J, Stargardt T (2017)
Health-economic evaluation of home telemonitoring for COPD in Germany: evidence from a large population-based cohort, European Journal of Health Economics, 18(7):869-892
Projektpartner: AOK Bayern / SHL Telemedizin
Finanzierung: siehe Projektpartner
Ansprechpartner: Florian Hofer