Nachruf für Prof. Dr. Lutz Fischer
19. Juni 2024, von Prof. Dr. Siegfried Grotherr

Foto: Festschrift 1999
Am 3. Juni 2024 verstarb im Alter von 85 Jahren Prof. Dr. Lutz Fischer, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Direktor am Institut für Wirtschaftsprüfung und Steuerwesen der Universität Hamburg in den Jahren 1971 bis 2000. Gleichzeitig lehrte und forschte Lutz Fischer an dem von der Volkswagenstiftung ins Leben gerufene „Institut für Ausländisches und Internationales Finanz- und Steuerwesen (I.I.F.S.)“, welches in seiner Anfangsstruktur die drei Steuerwissenschaften (Steuerrecht, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Finanzwissenschaften) umfasste.
Geboren am 25. Januar 1939 in Wuppertal legte er Anfang 1957 sein Abitur ab, um anschließend das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilian-Universität in München aufzunehmen, wo er im Jahre 1961 das Diplom erlangte. Bereits im Jahre 1963 wurde er mit dem Thema seiner Dissertation „Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Wirtschaftsleben“ promoviert. Es folgte die Habilitation im Jahre 1968 mit einer Arbeit über die Zusammenhänge von Steuersystem und betrieblicher Rationalisierung. Bereits ein Jahr später erfolgte die erste Berufung auf einen Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Freien Universität Berlin. Die zügige akademische Ausbildung brachten ihm die damalige Auszeichnung für den jüngsten deutschen Professor der Betriebswirtschaftslehre. Im Jahre 1971 folgte er dem Ruf an die Universität Hamburg, wo er trotz nachfolgender Rufe an die Universität Bayreuth und an die Wirtschaftsuniversität Wien seine akademische Laufbahn im Jahre 2000 beendete.
Lutz Fischer hat sich in Deutschland hervorzuhebende Verdienste erworben um den akademischen Aufbau einer Internationalen Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre. Zu nennen sind hier u.a. das Lehrbuch Fischer/Kleineidam/Warneke, Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, welches zuletzt in der 5. Auflage 2005 (Erich Schmidt Verlag) erschienen ist. Er war Mitherausgeber der Reihe Schriften des Instituts für Ausländisches und Internationales Finanz- und Steuerwesen der Universität Hamburg (Nomos Verlagsgesellschaft), in der zahlreiche Dissertationen seiner Doktoranden veröffentlicht wurden. Auch die Schriftenreihe „Forum der Internationalen Besteuerung“ (Verlag Dr. Otto Schmidt) wurde von ihm mitbegründet, in der u.a. die Vorträge auf der alljährlichen Hamburger Tagungen zur Internationalen Besteuerung (sog. „Nikolaustagungen“) veröffentlicht werden. Ebenfalls die Hefte zur Internationalen Besteuerung des I.I.F.S. (mittlerweile 224 Hefte erschienen) gehen auf seine Initiative zurück. Der Verein zur Förderung des I.I.F.S. wäre ohne sein Engagement nicht entstanden. Schließlich soll auch die Mitherausgabe der Schriftenreihe „Moderne Rechtsformen der Wirtschaft“ (Erich Schmidt Verlag) nicht unerwähnt bleiben. Seine akademischen Schüler sowie Freunde und Weggefährten widmeten ihm unter der Herausgeberschaft von Hans-Jochen Kleineidam eine 1025 Seiten umfassende Festschrift zum 60. Geburtstag mit dem Titel „Unternehmenspolitik und Internationale Besteuerung“ (Erich Schmidt Verlag, Berlin 1999).
Zu seinem akademischen Wirken gehören auch die Begründung und anfängliche Mitgestaltung der Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung, die mittlerweile ihre 40. Veranstaltung melden kann. Er kann als maßgeblicher Ideengeber für den gebührenfinanzierten Postgraduiertenstudiengang „Master of International Taxation (M.I.Tax)“ angesehen werden, der von seinem Kollegen Gerrit Frotscher bis heute geleitet wird und mittlerweile 20 Jahrgänge von Absolventinnen und Absolventen hervorgebracht hat. Lutz Fischer war seit 1976 Mitglied des Wissenschaftlichen Beitrags beim BMF und der erste Betriebswirt in diesem renommierten Beratungsgremium. Engagement entwickelte er auch bei der International Fiscal Association (IFA), wo er u.a. im sog. think tank sowie im Vorstand der Deutschen Vereinigung für internationales Steuerrecht gestaltend mitwirkte.
Mit dem Tod von Lutz Fischer verliert die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre einen der Protagonisten dieses Fach- und Forschungsgebietes. Seine Veröffentlichungen sowie seine herausgeberischen Tätigkeiten haben die akademische Entwicklung auf diesem Gebiet maßgebend mitgeprägt. Er lieferte mit seinem Wirken Impulse für gesetzgeberische Aktivitäten (auch in anderen Staaten). Seiner Betreuung verdanken zahlreiche Doktoranden ihre Promotion auf dem Gebiet der internationalen Besteuerung. Auch einer vergleichsweise großen Zahl der von ihm betreuten Habilitanden hat er mit der Betreuung ihrer Habilitationsschriften den Ruf auf eine Universitätsprofessur ermöglicht.
Die Universität Hamburg und die Fakultät für Betriebswirtschaft gedenken dem langjährigen Wirken eines ideenreichen Hochschullehrers mit Weitblick. Seine akademischen Schüler verdanken Lutz Fischer viel. Seine verantwortungsvolle Personalführung und Fürsorge bleiben unvergessen.