„Willkommen an Bord“: Prof. Dr. Jan ReckerNucleus-Professor für Information Systems und Digital Innovation
21. Oktober 2021

Foto: Privat
„Alle großen Herausforderungen unserer Zeit haben mit Digitalisierung zu tun“
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In der Reihe „Willkommen an Bord“ bieten wir ihnen die Möglichkeit sich vorzustellen. Herr Prof. Dr. Recker ist Nucleus-Professor für Information Systems und Digital Innovation und ist seit dem Sommersemester 2021 an der Fakultät BWL. Hier antwortet er auf Fragen zu seiner Forschung und worüber er sich in Hamburg freut.
„Ich beschäftige mich mit der Frage, wie große und kleine Firmen mit der Digitalisierung umgehen, um verschiedene Ziele zu erreichen. Früher waren diese Ziele meist ausgelegt auf die Effizienzoptimierung („schneller oder besser arbeiten“) oder die Profitmaximierung („mehr verkaufen“); heutzutage gibt es aber vermehrt viel wichtigere und komplexere Fragestellungen:
Wie kann ich digitale Mittel einsetzen, um nachhaltiger zu arbeiten? – um in einer Pandemie aus dem Homeoffice effektiv arbeiten zu können? – um eine gerechtere oder diversere Gesellschaft aufzubauen? – um dem Klimawandel entgegenzutreten? Diese Fragestellungen sind nicht durch Technologie allein lösbar, aber sowohl das Problem als auch die möglichen Lösungsansätze bedürfen der Technologie als Infrastruktur, als Mittel oder als Zweck. Das Schwierige an der Digitalisierung ist, dass es kein Technikproblem ist, sondern ein komplexes Gewirr aus kulturellen, menschlichen, sozialen und technologischen Faktoren.
Meine drei kleinen Kinder kennen mich eigentlich nur als zuhause arbeitenden Papa, der vor einem großen Bildschirm sitzt, umgeben von Artikeln und Büchern, und manchmal per Videokonferenz mit anderen redet. Für sie bin ich jemand, der zu Computern forscht. Und da liegen sie ja gar nicht so falsch.
Ich bin überzeugter Feldforscher; das heißt, meine Studien beginnen eigentlich immer mit einem Problem, das irgendjemand oder irgendeine Institution in der Realität wirklich hat. Ich frage gerne Firmen nach den Problemen, wegen denen sie „nachts nicht schlafen können“. Diese möchte ich lösen. Dazu wende ich vielerlei empirische Methoden an, sowohl Fallstudien und Observierungen als auch Befragungen, Experimente und Simulationen – je nach Fragestellung. Wichtig ist für mich, dass wir immer dort forschen, wo das Problem oder das Phänomen auftritt – und das ist eigentlich nie bei mir im Büro.
Meine Familie und ich freuen uns sehr über den Wechsel nach Hamburg. Meine Frau ist eh Wahl-Hamburgerin und Ex-Otto-Mitarbeiterin. Am Uni-Standort reizt mich natürlich die wissenschaftliche Exzellenz und die Anbindung an die Wirtschaftsregion. Ich freue mich darauf, das Thema Digitalisierung auch in andere, mir vielleicht fremde, Forschungsgebiete zu bringen:
Wie hilft Digitalisierung den Physiker:innen bei Ausgründungen mit neuen Methoden? Was bedeutet die Digitalisierung für den Hamburger Hafen? Für den kulturellen Austausch und für die Historiker:innen?
In der Lehre freue ich mich als Erstes auf die neuen Studierenden. Als Wirtschaftsinformatiker bin ich in der glücklichen Lage, Anknüpfungspunkte zu vielen Studiengängen zu haben – zu der BWL und VWL, zur Informatik und dem HWI. Da ich Digitalisierung und Forschung über die Digitalisierung unterrichte, benutze ich natürlich auch digitale Komponenten in der Lehre – im ausgewogenen Maße mit traditionellen, sozialen Lernstrategien. Denn wenn wir eins wissen über die Digitalisierung, dann dass es nicht rein technisch lösbar ist – das Soziale und das Technische müssen zusammenpassend eine Einheit bilden. Das gilt für die Gesellschaft ebenso wie für die Politik, die Wirtschaft – und auch die Lehre.